Was kostet ein Text beim Texter? Wie ich anhand der Arbeitsschritte herausfinde, was ein Text kostet

Wie viel ein Text kostet, kann ich Ihnen so nicht sagen. Oder können Sie mir sagen, was ein Auto kostet? Oder eine Software? Ich auch nicht. Ich kann Ihnen jedoch aufzeigen, was ich tun muss, damit der Text fertig wird. Nur wenn ich weiss, wie viel Arbeit ich in einen Text stecken werde, kann ich einen ungefähren Preis nennen. 

Was in vielen Branchen klar ist, geht oftmals bei der Zusammenarbeit mit Textern wie mir vergessen: es gibt verschiedene Arbeitsschritte, die ich beim Texten durchlaufen muss. Jeder dieser Schritte braucht seine Zeit, abhängig von mehreren Faktoren. Und manchmal geht ein Arbeitsschritt schneller oder länger als geplant. Zum Glück gibt es keine chronischen Fristverschiebungen, wie etwa beim Hausbau oder der Software-Herstellung. Es geht nur um wenige Stunden, wenn überhaupt. Und trotzdem sehen Texter*innen sich oft mit falschen Erwartungen konfrontiert, wenn es um den Schreibprozess geht. Nur weil die Auftraggebenden in der Schule schreiben gelernt haben, heisst das nicht automatisch, dass sie wissen, was es für einen soliden Text an Zeit und Anstrengung braucht. 

Gut Text will Weile haben – oder zumindest ein paar Stunden 

Ich möchte in aller Kürze darstellen, welche unverzichtbaren Arbeitsschritte die Textarbeit durchläuft, auch wenn nicht immer genau in dieser Reihenfolge. Den Texten ist nicht nur gleich Schreiben. 

  • Auftragsklärung 
    Mit der Auftragsklärung steht und fällt ein Kundentext. Es reicht nicht, einen Text zum Thema XYZ in Auftrag zu geben. Als derjenige, der den Text schreibt, brauche ich einiges an Informationen, um mich seriös an die Arbeit zu machen. Folgende Dinge muss ich wissen: Textsorte, Zweck oder Absicht des Textes, wer dahinterstehen wird, die Zielgruppen, die Textlänge, den gewünschten Sprachstil, welche Wörter oder Begriffe enthalten sein sollen oder nicht (Unternehmen verfügen im Idealfall über ein Glossar), wie inklusiv der Text sein soll, wo er erscheint u.a. 
     
  • Recherche 
    Wenn bereits Informationen in Form von Dokumenten vorliegen, dann muss ich diese sichten, lesen und verstehen. Wenn nichts vorliegt, muss ich die relevanten Informationen suchen oder beschaffen. Für eine Kundengeschichte kann ich möglicherweise auf die Projektdokumentation zurückgreifen, aber die besten Informationen und Aussagen erhalte ich, wenn ich mit ein paar Beteiligten Interviews führe. Ein kurzes Gespräch dokumentiere ich schriftlich, ein längeres zeichne ich auf und transkribiere die nötigen Informationen – was seine Zeit dauert. 
  • Textaufbau 
    Je nach Textsorte, Thema und Zweck des Textes ergibt sich der Textaufbau – die Story – entweder von selbst oder ich finde ihn, indem ich mit Schreiben beginne. Spätestens bevor ich den Erstentwurf den Auftraggebenden zeige, muss ich den (vorläufigen) Aufbau haben, damit der Text Sinn ergibt. Das ist nicht immer so einfach und evident, wie es sich idealerweise am Ende liest. 
     
  • Schreiben 
    Diesen Arbeitsschritt dürften die meisten Menschen im Kopf haben, wenn sie einen Text in Auftrag geben. Es sollte jetzt schon klar geworden sein, dass Schreiben nicht “bloss” Schreiben ist. Auch wenn hier der eigentliche Text entsteht, habe ich zu diesem Zeitpunkt bereits einiges an Vorarbeit geleistet und habe noch weitere Arbeitsschritte vor mir. 
     
  • Feedback 
    Mit dem Schreiben ist es nicht getan. Auf jeden Text müssen mir meine Kunden Feedback geben. Ich will wissen, ob ich ihre Erwartungen getroffen und die Abmachungen aus der Auftragsklärung in ihrem Sinne umgesetzt habe. Und ja, das bedeutet etwas Arbeit auf Kundenseite. Letztlich müssen sie hinter dem Text stehen können. 
     
  • Überarbeiten 
    Sobald ich das Feedback habe, überarbeite ich den Text nochmals. Vielleicht gibt es mehrere Runden zwischen Feedback und Überarbeiten, aber das macht den Text nur noch besser. 
     
  • Korrigieren 
    Abhängig von der Auftragsklärung geht in diesem Schritt der Text entweder ins professionelle Lektorat (was zusätzlich Geld kostet, versteht sich) oder ich korrigiere den Text mit meinen digitalen Freunden namens Duden Mentor oder Grammarly
     

Sie sehen, es braucht einiges, um einen Text zu schreiben. Und sie merken auch, dass die Arbeitsschritte mit jenen des Grafikdesigns oder Software-Herstellung vergleichbar sind. 

Was kostet denn nun der Text? 

Diese Frage kann ich so nicht beantworten. Aber wie Sie sich denken können, benötigt jeder der obigen Schritte seine Zeit. Für kurze Texte nur wenige Stunden, für umfangreichere Texte entsprechend länger. Für jeden der Arbeitsschritte berechne ich die in etwa benötigte Zeit und kann dann eine realistische Kostenschätzung abgeben. Eine Anfrage, wie ich sie schon erhalte habe, bei der eine Kostenberechnung für einen Text ohne nähere Angaben zu Textlänge und all den anderen Dingen verlangt wurde, kann und will ich nicht beantworten – ausser, der Kunde kann mir sagen, was ein rotes Auto kostet.